Geniestreich auf zwei Rädern (1982)

Nachdem Carlson Reinhard in der Juli-Ausgabe der „tour“ 1982 den Radsportler Smolik vorgestellt hatte, folgte in der August-Ausgabe die Besprechung seiner selbst gebauten 5,7 kg-Zeitfahr-Maschine: Rassig das Styling, revolutionär die Technik“, schreibt Reinhard voller Bewunderung. „Alle Züge verlaufen innen, Sattelstütze und Sitzrohr bilden eine Einheit, das Hinterrad berührt fast den gedellten Rahmen. Der Fahrer sitzt gleichsam überm Ritzel. Nicht unerwähnt bleibt natürlich auch der selbst entwickelte Vorbau – mit eingebauter Digital-Stopuhr! Wo gab es das damals schon?

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Aero Marke Eigenbau:

Geniestreich auf zwei Rädern

Christian Smolik wurde in der letzten „tour“-Ausgabe als ‚Bastler, Bolzer, Bundessieger‘ vorgestellt. Ein eigenes Kapitel verdient indes die neueste Schöpfung des sportlichen Ingenieurs und Tüftlers: ein Aerorad, das mit ungeheuerem Einfallsreichtum und in schier endlosen Stunden und im Eigenbau konstruiert wurde!

Die erste patentierte Rasterschaltung der Welt (1981)

Die erste patentierte Rasterschaltung der Welt (Smolik 1981)

Als passionierter L-Touristiker und Materialfetischist kennt er die Vor- und Nachteile gängiger Rahmenkonstruktionen und Zubehörteile. Er bringt es fertig, sich von Vorgegebenem völlig zu lösen und alle Funktionen des Rades neu zu überdenken. „Man glaubt gar nicht, wie eingefahren viele Hersteller sind. Da gilt nur das als machbar, was schon Opa am Velo hatte“, sagt Smolik. Sein Rad soll konsequent aerodynamisch, dabei zugleich leicht und äußerst stabil sein. Er errechnet, daß beispielsweise die Ausfall-Enden bei weitem keine so große Belastung aushalten müssen, wie das der Materialeinsatz bei herkömmlichen Rädern vermuten läßt.

Der erste patentierte Brems-Schalt-Griff der Welt (Smolik 1981)

Der erste patentierte Brems-Schalt-Griff der Welt (Smolik 1981)

Nach langen Beratungen mit „Deutschlands progressivstem Rahmenbauer“ (Smolik) Günter Sattler alias Technobull wird beschlossen, die Muffen einzusparen. Wozu auch Muffen? Richtig gelötet besitzen die Rohr-Verbindungen weit mehr Stabilität als die hauchdünnen Mittelstücke. Auch das zweite Kettenblatt samt Umwerfer bleibt weg. Smolik: „Das ist ein reine Zeitfahr-Maschine, da fahr ich sowieso nur 51/13, 14, 15, 16, 18 und 21.“

Günter Sattler braucht zwei lange Tage, um das utopische Wunderding aus sorgsam ausgewählten Rohren verschiedener Hersteller zu verlöten. Doch zwei Wochen feilt danach noch Smolik, um alles wirklich glatt und schön zu machen. Da sieht und fühlt man die Ansätze kaum noch, fast wirkt das Rad wie aus einem Stück.

Das Zubehör, fast alles eigene Erfindungen, wirkt zierlich wie Spielzeug. Bevorzugtes Material: das hochfeste Chrom-Vanadium, aus dem auch gutes Werkzeug besteht. In kaltem Zustand ist es kaum zu bearbeiten. Smolik: „Ich habe das Material über der Flamme rotglühend erhitzt und in diesem Zustand dann Gewinde geschnitten!“

Was der begabte Bastler da in seiner spartanischen Mini-Werkstatt auf zwei dünne Pneus gestellt hat, wäre Glanzstück jeder IFMA. Hat er als Umweltschutz-Techniker nicht eigentlich den Beruf verfehlt? Smolik: „Ich glaube, daß ich schon bald zu einem Wechsel in die Fahrrad-Industrie bereit wäre. Doch das hängt von den Umständen ab.“

… die Carlson Reinhard dann umgehend so arrangierte, daß Hans-Christian Smolik wenige Monate später als Technik-Redakteur bei „tour“ einstieg.

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